DI Stefan Seidel, CTO der Pankl Racing Systems AG
Interview mit DI Stefan Seidel, CTO der Pankl Racing Systems AG
Die Pankl Racing Systems AG begann als Spezialist im Motorsport und wurde bekannt für die Herstellung von Hochleistungskomponenten für Rennwagen. Im Laufe der Jahre hat sich der Ruf des Unternehmens für Präzision und Innovation erheblich gesteigert. Heute hat das Unternehmen seine Expertise auf die Luftfahrt- und Hypercar-Bereiche ausgeweitet und liefert Spitzentechnologien für einige der anspruchsvollsten Industrien. In einem Interview erörtert CEO Stefan Seidel, wie sich Pankl entwickelt hat, die Herausforderungen, denen sie in der heutigen Wirtschaftslage gegenüberstehen, und ihren strategischen Fokus auf Digitalisierung, Nachhaltigkeit und globales Wachstum.
Europäisches Geschäft: Herr Seidel, könnten Sie uns einen Überblick über die Firmengeschichte und deren Schwerpunktbereiche geben?
DI Stefan Seidel: Pankl hat sich stets auf Nischenmärkte und High-Tech-Sektoren konzentriert, mit besonderem Fokus auf Innovation. Wir begannen als Spezialist für Motorsport und haben uns im Laufe der Zeit auf die Sektoren Sportwagen und Hypercars ausgedehnt, indem wir die für den Rennsport entwickelten Technologien und Innovationen nutzten. In jüngerer Zeit haben wir bedeutende Fortschritte im Luftfahrtsektor gemacht. Wir stellen Hochleistungskomponenten wie Kurbelwellen, Pleuel und Getriebe her, die speziell für Rennanwendungen konzipiert sind, sowie leichte, präzisionsgefertigte Teile für die Luftfahrt, die strenge Sicherheitsstandards erfüllen. Selbst während der COVID-19-Pandemie, als die Luftfahrt stillstand, haben wir den mutigen Schritt gemacht, eine neue Fabrik für Flugzeugkomponenten zu bauen. Jetzt, da die Branche wieder anzieht, sind wir bereit, die Nachfrage mit unseren Spitzenprodukten zu bedienen.
Europäische Wirtschaft: Wie ist es Pankl gelungen, trotz steigender Kosten und wirtschaftlicher Druckfaktoren wie EU-Regulierungen weiter zu wachsen?
DI Stefan Seidel: Das wirtschaftliche Klima, insbesondere mit Inflation und steigenden Energiekosten in Europa, war herausfordernd. Um dies anzugehen, haben wir stark in Automatisierung und Digitalisierung investiert, die wesentlich dazu beigetragen haben, uns wettbewerbsfähig zu halten. Unser ERP-System zum Beispiel war unschätzbar wertvoll bei der Straffung unserer Produktion und der Verwaltung der tausenden Komponenten, mit denen wir arbeiten. Dies ermöglicht es uns, trotz steigender Betriebskosten effizienter zu produzieren. Mit 2.500 Mitarbeitern in der Abteilung Pankl Racing Systems, die zu einem Gesamtumsatz der Gruppe von 930 Millionen Euro beitragen, haben wir auch die Transportkosten gesenkt, indem wir die Produktion im eigenen Haus erhöht haben, was zusätzlich den Vorteil hat, unsere Umweltauswirkungen zu minimieren.
Europäisches Geschäft: Nachhaltigkeit ist zu einem Hauptfokus für Unternehmen verschiedener Branchen geworden. Wie geht Pankl mit dieser Herausforderung um?
DI Stefan Seidel: Nachhaltigkeit ist eine wichtige Säule unserer Strategie. Durch die Erhöhung der vertikalen Integration ist es uns gelungen, Transportwege zu reduzieren, was Emissionen und Kosten senkt. Außerdem ermöglicht die Herstellung mehrerer Komponenten im eigenen Haus mehr Flexibilität, gewährleistet eine bessere Qualitätskontrolle und reduziert unseren CO2-Fußabdruck. Unsere Luft- und Raumfahrtabteilung konzentriert sich beispielsweise stark auf die Entwicklung von Komponenten, die nachhaltigere Formen der Luftfahrt unterstützen, wie Leichtbaumaterialien und umweltfreundlichere Antriebstechnologien.
Europäische Wirtschaft: Mit Betrieben weltweit, wie balancieren Sie Ihre globale Präsenz?
DI Stefan Seidel: Obwohl wir Produktionsstätten in den USA, der Slowakei, dem Vereinigten Königreich und Deutschland haben, bleibt das Herz unserer Operationen in Österreich, wo 75% unserer Belegschaft ansässig sind. Österreich ist der Ort, an dem unsere spezialisiertesten Produkte hergestellt werden, insbesondere jene, die fortgeschrittenes technisches Wissen erfordern. Für die Massenproduktion, besonders in Märkten wie Asien, können wir bestimmte Operationen lokalisieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir halten jedoch immer eine starke Verbindung zu unseren österreichischen Operationen aufrecht, um sicherzustellen, dass überall unsere hohen Standards erfüllt werden.
Europäische Wirtschaft: Wie manifestiert sich Ihr Fokus auf Innovation in der Praxis?
DI Stefan Seidel: Innovation ist der Kern von allem, was wir tun. Unsere F&E-Teams sind ständig dabei, die Grenzen zu erweitern, sei es durch die Entwicklung neuer Materialien, die Vorantreibung additiver Fertigungsprozesse oder die Verfeinerung von Leichtbau-Techniken für den Motorsport und die Luftfahrt. Wir erkunden auch das Potenzial von künstlicher Intelligenz und Digitalisierung in der Produktion. Während KI für uns noch in den Anfangsstadien steckt, ist es ein Bereich, den wir weiterhin mit Begeisterung entwickeln möchten. Der Motorsport bleibt unser Testfeld für Innovationen, die wir später auf Straßenautos und sogar auf die Luftfahrt anwenden.
Europäisches Geschäft: Wie ziehen Sie Talente an und halten sie, besonders in einem so wettbewerbsintensiven Markt?
DI Stefan Seidel: Unsere Mitarbeiter sind ein entscheidender Teil unseres Erfolgs und wir legen Wert darauf, eine dynamische, innovative Kultur mit kurzen Kommunikationswegen und offenem Ideenaustausch zu fördern. Wir betonen junge Talente, insbesondere durch unser Ausbildungsprogramm, mit 150 Lehrlingen in Österreich, die 10% unserer Belegschaft ausmachen. Kontinuierliche Schulungen durch unsere Pankl Akademie stellen sicher, dass wir technologisch auf dem neuesten Stand bleiben. Zusätzlich helfen Gesundheitsprogramme und Sportveranstaltungen, eine motivierte und positive Arbeitsumgebung zu erhalten.
Europäisches Geschäft: Veränderungen in den Erwartungen der Mitarbeiter, insbesondere im Hinblick auf die Work-Life-Balance, beeinflussen die Industrien weltweit. Wie geht Pankl mit diesem Trend um?
DI Stefan Seidel: Es ist definitiv eine Herausforderung. Weniger Menschen sind bereit, in Schichtsystemen zu arbeiten, insbesondere in den Drei- oder Vierschichtrotationen, die wir für einige unserer Operationen benötigen. Das ist einer der Gründe, warum wir so stark auf Automatisierung und Digitalisierung setzen—um den Bedarf an manueller Arbeit in diesen Bereichen zu reduzieren. Wir haben jedoch auch Anstrengungen unternommen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und wo immer möglich Flexibilität zu bieten. Wir sind entschlossen, eine Balance zu finden, die sowohl für das Unternehmen als auch für unsere Mitarbeiter funktioniert.
Europäische Wirtschaft: Was sind die zukünftigen Ziele von Pankl, und wie planen Sie, diese zu erreichen?
DI Stefan Seidel: Wir sehen erhebliche Wachstumsmöglichkeiten sowohl im Luftfahrt- als auch im Sportwagensektor. Unser Ziel ist es, diese Industrien weiterhin mit Spitzentechnologien anzuführen, besonders da Nachhaltigkeit ein immer dringlicheres Thema wird. Die Luftfahrt bietet insbesondere spannende Möglichkeiten mit dem Übergang zu umweltfreundlicheren Antriebssystemen und Materialien. Der Motorsport wird weiterhin ein Kernbereich unseres Geschäfts als Testgelände für neue Innovationen bleiben, aber wir wollen die Anwendung dieser Technologien auf breitere Märkte ausweiten. Wir werden uns auch auf weitere Automatisierung konzentrieren und unsere internationale Präsenz ausbauen, um die globale Nachfrage zu bedienen. Wir erwägen auch eine weitere Lokalisierung der Produktion in Regionen, in denen dies strategisch sinnvoll ist.