„Die Leidenschaft für das Motorrad ist ungebrochen!“

Interview mit Peter Boschmann, Geschäftsführer der Motea GmbH

Peter Boschmann, Geschäftsführer der Motea GmbH
Peter Boschmann, Geschäftsführer der Motea GmbH

Die hohen Inflationsraten sowie die Multikrisen der letzten Jahre drücken die allgemeine Konsumlaune. Der Motorradmarkt hat sich im Angesicht dieser problematischen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen hingegen als äußerst widerstandsfähig erwiesen. Mit Wirtschaftsforum sprach Peter Boschmann, Geschäftsführer der Motea GmbH, eines spezialisierten Onlinefachhandels für Motorradzubehör, über die Gründe dieses Phänomens und aktuelle Markttrends.

Wirtschaftsforum: Herr Boschmann, die Motea GmbH zählt mit über 30.000 verschiedenen Artikeln zu einem der größten B2C-Anbieter für Motorradteile und -zubehör. Wie gestaltet sich die aktuelle Marktlage im Lichte der Nachwirkungen von Coronakrise und hoher Inflation?

Peter Boschmann: Schon ein Blick auf die Neuzulassungsraten in ganz Europa verrät, dass der Motorradmarkt in den letzten 15 Jahren stark gewachsen ist – allein 2023 war bisher ein Plus von über 20% zu verzeichnen. Unsere Branche hat sich damit – wie auch viele andere Segmente aus dem Hobbybereich – als ziemlich krisenfest erwiesen, was vornehmlich an einer konsumfreudigen Kundenklientel liegt, die sich mit großer Leidenschaft ihren geliebten Motorrädern widmet und dafür natürlich auch entsprechend hochwertiges Zubehör benötigt. So konnten wir während der Coronakrise sogar noch eine leicht erhöhte Nachfrage feststellen, da in vielen Haushalten das Budget für Urlaubsreisen nun für ein anderes Hobby zur Verfügung stand: im Fall unserer Kunden eben für das Motorrad.

Motea Lagerbereich
Das Unternehmen vertreibt über 30.000 verschiedene Artikel
Motea Hochregallager
Blick auf ein Hochregallager: Ein ähnlich umfassendes Sortiment wird der Kunde kaum im stationären Fachhandel finden können

Wirtschaftsforum: Das Motorrad als besonders emotionales Produkt gilt dabei als prädestiniert für den stationären Handel. Müsste dieselbe Annahme dann nicht auch für entsprechendes Zubehör gelten – und wo kann an dieser Stelle der E-Commerce punkten?

Peter Boschmann: Im Großen und Ganzen verhält es sich in unserem Markt recht ähnlich wie in anderen Branchen: Vor 20 Jahren galt noch bei sehr vielen Produkten die Überzeugung, man müsse sie vorher erst in einem Geschäft persönlich ansehen und anfassen können und sich zudem noch vor Ort in ein entsprechendes Beratungsgespräch begeben. Bei vielen Produkten ist das auch in der Tat so, aber eben längst nicht bei allen. Zudem wird das Händlernetz auch im Markt für Motorradzubehör immer dünner und die Präsenz der Ladenlokale ist zunehmend rückläufig. Stets eine breite Palette an unterschiedlichen Produkten vorrätig zu halten, bedeutet für ein stationäres Ladengeschäft ferner eine viel größere Herausforderung als für einen Onlineshop. Beim Motorrad an sich sowie bei entsprechenden Bekleidungsartikeln wird die unmittelbare haptische Komponente, die sich nur vor Ort im Handel erleben lässt, sicherlich weiterhin eine wichtige Rolle spielen, aber derartige Produkte vertreiben wir überhaupt nicht. Im Zentrum unseres Angebotsportfolios stehen vielmehr Taschen, Werkstattständer und Anbauteile, die im E-Commerce-Kontext sehr angenehm und zielsicher erworben werden können.

Motea Motorradtasche
Motorradtaschen, Anbauteile und Werkstattständer gehören zu den zentralen Produkten im Sortiment von Motea
Motea Anbauteile
Motea Werkstattständer
Motea Motorradteile
Motea Motorradständer

Wirtschaftsforum: Im Automobil-, Personen- und Schwerlastverkehr rückt zunehmend die Elektrifizierung ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Ist das auch eine Perspektive für das Motorradsegment – und welche Konsequenzen ergäben sich daraus für Motea?

Peter Boschmann: Da wir keine Motorräder oder Motoren verkaufen, ist für uns nur wichtig, dass das Thema Motorrad im Allgemeinen nicht an Interesse und Leidenschaft einbüßt – und das wäre auch vor dem Hintergrund einer solchen Entwicklung nicht zu erwarten, die ich in den nächsten Jahren ohnehin für eher abwegig halte. Neben E-Rollern gibt es auf dem Markt zwar tatsächlich schon fahrbare Motorräder mit einem Hubraum ab 125 ccm und Elektroantrieb– wegen der hohen Preise und der geringen Reichweite ist das aber bei weitem noch kein Massenphänomen wie im Automobilsegment, was angesichts der aktuell erforderlichen Batteriegrößen in den nächsten Jahren auch nicht wirklich vorstellbar ist. Außerdem: Taschen und Anbauteile werden die geneigten Fahrer auch dann noch haben wollen – sie dürfen nur niemals die Freude am Motorrad als emotionales Produkt verlieren.

Motea - neues Betriebsgelände in Meinerzhagen
Kürzlich bezog Motea ein neues Betriebsgelände in Meinerzhagen

Wirtschaftsforum: Welche Veränderungen hat der Markt angesichts der weiter rasant zunehmenden Neuzulassungen in den letzten Jahren durchgemacht?

Peter Boschmann: Die Motorradtypen haben sich in den letzten 20 Jahren ziemlich stark verändert: Damals war der Markt noch sehr stark von Sportmotorrädern geprägt. Analog zur Zunahme der SUVs im Automotive-Bereich dominieren heute hingegen eher Motorräder, die auch gut im Gelände gefahren werden können. Damit einhergehend hat sich auch der Fokus beim Zubehör etwas verschoben. Gleichzeitig konkurriert Motorradfahren als Freizeitaktivität mittlerweile mit vielen digitalen Alternativen, die es so vor 20 Jahren noch nicht gab. Trotzdem machen viele junge Menschen weiterhin begeistert ihre Führerscheine und freuen sich auf ihr neues Hobby. Für Nachwuchs bleibt in unserem Markt also gesorgt.

Wirtschaftsforum: Und was halten die nächsten Jahre für Motea bereit?

Peter Boschmann: Kürzlich haben wir ein neues Betriebsgelände in Meinerzhagen bezogen, um unsere ambitionierten Wachstumsziele weiter intensiv verfolgen zu können. Vor allem in den USA und Osteuropa sehen wir noch viel Potenzial, dem wir in den nächsten Jahren verstärkt unsere Aufmerksamkeit widmen wollen.

Weitere Artikel zum Thema

Tradition trifft Innovation: Uhren aus Deutschland

Interview mit Nathalie Birk, Geschäftsleitung der POINT TEC Products Electronic GmbH

Tradition trifft Innovation: Uhren aus Deutschland

Qualitativ hochwertige Uhren ‘Made in Germany’ zu einem fairen Preis: Das ist die Philosophie der POINT TEC Products Electronic GmbH. Mit den Marken ZEPP...

Farmer First – mit über 50.000 Produkten

Interview mit Thomas Schlieben, Geschäftsführer der Sparex Handels- und Vertriebs GmbH

Farmer First – mit über 50.000 Produkten

Als drittgrößter Markt nimmt Deutschland für Sparex, einen britischen Hersteller und Großhändler von Ersatzteilen und Zubehör für landwirtschaftliche Anw...

Für die Zukunft der Gastronomie

Interview mit Andrea Sauer, Stellvertretende Geschäftsführerin der Welbilt Deutschland GmbH

Für die Zukunft der Gastronomie

Ob in Hotels, Krankenhäusern, Betriebskantinen, Schulen oder beim Militär – das Essen spielt eine große Rolle für den Wohlfühlfaktor. Dank immer besserer...

Salat in Bestform

Interview mit Bernhard Flößer, Geschäftsführer der Nafa Feinkost GmbH

Salat in Bestform

Frisches Obst, frisches Gemüse, frischer Salat – Inbegriff einer ausgewogenn Ernährung. Im Idealfall kreiert man selbst einen Salat; wenn das nicht geht...

Manfred Brinkmann, Managing Editor-in-Chief

Manfred Brinkmann

Managing Editor of European Business

Gestalten Sie die Zukunft der Wirtschaft?

Als Chefredakteur bin ich stets auf der Suche nach der nächsten Generation von Führungskräften und Innovatoren. Wenn Sie an der Spitze eines einflussreichen Unternehmens stehen, lade ich Sie ein, mit uns in Kontakt zu treten. Teilen Sie Ihre Vision mit unserem einflussreichen Publikum.