Die Saat geht auf

Interview mit Matthias Kühlmann, Vorstand der farmsaat AG

formsaat- Im bayerischen Osterhofen werden neue Sorten entwickelt
Im bayerischen Osterhofen werden neue Sorten entwickelt

Mais, soweit das Auge reicht. Rund 2,5 Millionen Hektar Mais werden heute in Deutschland angebaut. Und das aus gutem Grund. Mais ist vielseitig nutzbar, liefert überdurchschnittliche Erträge und viel Energie und braucht vergleichsweise wenig Pflanzenschutz. Die farmsaat AG aus Everswinkel kennt die Vorteile von Mais. Das Unternehmen züchtet Saatgut und vertreibt es direkt an die Landwirte. Ein einzigartiges Konzept.

Seit der Gründung 2007 steht farmsaat für die Idee, Saatgut direkt an die Landwirte zu vertreiben, ohne zum Beispiel Genossenschaften zwischenzuschalten. Mit diesem Konzept setzt sich farmsaat seit der ersten Stunde erfolgreich vom Wettbewerb ab.

„Wir haben eigene Züchtungen und sind einer von zwei Maiszüchtern in Deutschland“, sagt Vorstand Matthias Kühlmann. „Inzwischen bieten wir neben dem Ursprungs- und Kernprodukt Mais auch Sojabohnen an.“ Da für die Produktion des Saatguts viel Fläche und wärmere Temperaturen benötigt werden, arbeitet farmsaat mit externen Dienstleistern im Inland und europäischen Ausland zusammen. Produziert wird in Deutschland, Frankreich, Österreich oder in der Ukraine.

Auf dem direkten Weg

Matthias Kühlmann, Vorstand der farmsaat AG
Matthias Kühlmann, Vorstand der farmsaat AG

Zwischen 50 und 60 Mitarbeiter sind für das Unternehmen tätig, der Umsatz liegt bei rund 35 Millionen EUR. Wachstumstreiber ist der direkte Vertrieb – getreu dem Motto ‘von Landwirten für Landwirte’. „Wir arbeiten mit farmpartnern zusammen, Vertretern vor Ort, die allesamt Erfahrung in der Landwirtschaft haben und entsprechend fachlich kompetent beraten“, erklärt Matthias Kühlmann. „In Europa sind das rund 500 Handelsvertreter. Der Kernmarkt liegt in Deutschland, aber wir sind auch in angrenzenden Ländern wie den Benelux-Staaten, Polen und Frankreich aktiv. Kleinere Märkte sind Österreich, Dänemark, die Schweiz und die Slowakei.“

Eigene Zucht, eigene Qualität

Mais, ursprünglich aus Mexiko stammend, wird für die Biogasproduktion, als Silomais für Kühe und Rinder sowie als Körnermais für Geflügel und Schweine und in geringem Maß auch für die Produktion von Lebensmitteln verarbeitet. „90% des Mais gehen in die Futtermittelproduktion“, sagt Matthias Kühlmann. „Wir haben unsere eigene Produktentwicklung, was sehr viele Vorteile bringt. Unser Saatgut ist sehr gut an das hiesige Klima angepasst, tolerant gegen Krankheiten und kommt ohne große Probleme mit Trockenperioden zurecht. Die Züchtung findet unter freiem Himmel statt, auch das ist ein Alleinstellungsmerkmal.“

Im Wandel der Zeit

farmsaat bietet das passende Saatgut für unterschiedliche Bedürfnisse – Saatgut vom sehr frühen bis zum sehr späten Reifebereich und für sämtliche Nutzungen. Bestseller des um die 20 Sorten umfassenden Maissortiments ist FARMORITZ, eine Sorte, die mit überdurchschnittlicher Stengelgesundheit, Standfestigkeit und der Eignung für unterschiedlichste Böden überzeugt. Mit Soja setzt farmsaat auf ein zweites, an Bedeutung gewinnendes Standbein und bietet mittlerweile drei verschiedene Sorten an. Verarbeitet wird Soja für Milch- und Fleischersatzprodukte, ein Markt mit Wachstumspotenzial.

Ein Konzept geht auf

Neben den Produkten sieht farmsaat sein Vertriebskonzept als wichtigen Erfolgsfaktor. „Durch den Direktvertrieb an über 10.000 Landwirte und die damit verbundene enge Zusammenarbeit bekommen wir direkt gespiegelt, was wir gut machen und was weniger gut ist“, so Matthias Kühlmann. „Dieses Feedback nehmen wir ernst und lassen es in die Entwicklung einfließen.“

Herausforderungen und Chancen

farmsaat entwickelt sich mit den Anforderungen der Kunden und des Marktes. Die Krisen der vergangenen Jahre hatten weitreichende Preissteigerungen zur Folge. „In nur einem Jahr sind die Preise bis zu 25% gestiegen“, so Matthias Kühlmann. „Der Markt ist damit noch kompetitiver geworden. Mit 10 bis 20 Playern, meist Großkonzernen aus den USA oder Frankreich, ist der Markt sehr konzentriert. Als Mittelständler müssen wir mit diesen Großkonzernen konkurrieren.“

Um sich auch unter schwierigen Bedingungen auf dem Markt durchzusetzen, arbeitet farmsaat konstant an neuen Produkten, die den Bedürfnissen der Landwirte, aber auch der Endkunden entsprechen. „Wir müssen Trends antizipieren und schauen welche Folgen der Klimawandel hat“, sagt Matthias Kühlmann. „Was wird in 20 Jahren sein? Der Fleischkonsum wird wahrscheinlich weiter zurückgehen, damit wird auch weniger Silomais gebraucht werden. Unsere Aufgabe ist deshalb, nach Alternativen zu suchen und offen für andere Kulturen, für eine vegetarische Ernährung zu sein. Schon jetzt sind wir davon überzeugt, dass Leguminosen an Bedeutung gewinnen werden. Ihr großer Vorteil ist, dass sie Stickstoff im Boden binden können und deshalb weniger gedüngt werden müssen.“

Auch das Thema Nachhaltigkeit wird in Zukunft noch stärker im Vordergrund stehen, ist aber schon lange „aus Überzeugung“ ein wichtiges Thema für farmsaat, wie Matthias Kühlmann betont. „Wir setzen zum Beispiel auf kurze Transportwege, die wir durch die Verwurzelung in Deutschland garantieren können. Eine gute Klimabilanz wird für eine Zusammenarbeit mit dem Lebensmitteleinzelhandel immer wichtiger. Darauf müssen wir reagieren.“ farmsaat sieht die Herausforderungen des Marktes – und nimmt sie an. „Die Landwirtschaft wird sich wandeln“, glaubt Matthias Kühlmann. „Deutschland ist mit seinem Klima dafür gut geeignet. Es wird wichtig sein, sich anzupassen, aber es gibt viele Chancen. Deshalb blicken wir langfristig positiv nach vorn.“

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