Finanzkriminalität ganzheitlich begegnen
Interview mit Dr. Sebastian Hetzler, Co-CEO der Informatique-MTF SA
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund diverser Finanzskandale, wie zuletzt um das Unternehmen Wirecard, hat das Bundesministerium der Finanzen im vergangenen Jahr ein umfangreiches Reformpaket zur Bekämpfung von Finanzkriminalität auf den Weg gebracht. Gerade für Banken und Finanzinstitute hat das Thema in den vergangenen Jahren an Brisanz zugenommen. Die Informatique-MTF (IMTF) begegnet den aktuellen Herausforderungen mit technologisch modernen und ganzheitlichen Lösungen.
Wirtschaftsforum: Herr Dr. Hetzler, was sind die wichtigsten Komponenten Ihrer Lösung?
Dr. Sebastian Hetzler: Wir bieten eine ganzheitliche Plattform, mit der wir rund um Finanzkriminalität den gesamten Lebenszyklus beim Kunden abdecken können. Das beginnt beim Onboarding zur Kontoeröffnung, geht über die permanente Prüfung der Kunden gegen Sanktionslisten, politische Exponiertheit sowie negative Presse, die Prüfung von Transaktionen in Echtzeit, beispielsweise gegen Terrorismusfinanzierung, das Identifizieren von betrügerischen Verhaltensmustern und Geldwäsche bis hin zur Unterstützung der Untersuchung von auffälligen Transaktionen, Konten und Kunden und die Meldung an die Strafverfolgungsbehörden.
Wirtschaftsforum: Was sind aktuelle Themen und Trends am Markt und auch in Ihrem Unternehmen?
Dr. Sebastian Hetzler: Künstliche Intelligenz treibt den ganzen Markt um, um die Bekämpfung der Geldwäsche noch zielgenauer und effektiver zu machen. Die Technologie verspricht weiterhin eine deutliche Kosteneinsparung in der Bekämpfung von Finanzkriminalität. Ein weiteres technologisches Thema ist Cloud-Computing und die damit einhergehenden Kosten- und Geschwindigkeitsvorteile. Letztlich sind es auch die Kryptowährungen, die neue Wege der Finanzkriminalität eröffnen.
Wirtschaftsforum: Wer sind die Kunden von IMTF?
Dr. Sebastian Hetzler: Wir adressieren im Schwerpunkt das Kundensegment der international oder national tätigen mittleren und kleineren Finanzinstitute. Wir freuen uns aber, auch mehrere globale Großbanken zu unserem Kundenkreis zu zählen.
Wirtschaftsforum: Sind Sie auch international tätig?
Dr. Sebastian Hetzler: Wir sind in Europa, Afrika, im Mittleren Osten sowie in Asien tätig. Der Schwerpunkt unseres Geschäftes ist allerdings Europa und hier vor allem die DACH-Region. Starkes Marktwachstum sehen wir aktuell im Mittleren Osten und in Asien.
Wirtschaftsforum: Was unterscheidet IMTF von anderen Anbietern am Markt?
Dr. Sebastian Hetzler: Kunden schätzen unsere Lösungen aufgrund der vergleichsweise niedrigeren Total Cost of Ownership. Damit sind alle Kosten gemeint, die mit dem Kauf, der Implementierung, der Wartung, dem Betrieb und der Anwendung unserer Lösungen über den Nutzungszeitraum entstehen. Wir arbeiten mit Standardlösungen, die auf die Kundenanforderungen sehr vielfältig konfiguriert werden können. Damit ersparen wir den Kunden kostspielige individuelle Entwicklungen. Des Weiteren reduzieren wir damit auch die Kosten für die Migration auf neuere Produktversionen, die aufgrund neuer regulatorischer Anforderungen und technologischer Weiterentwicklungen notwendig sind.
Wirtschaftsforum: Was hat IMTF zu dem gemacht, was das Unternehmen heute am Markt ist?
Dr. Sebastian Hetzler: Die IMTF wurde 1987 in der Schweiz gegründet. Das Unternehmen hatte sich damals die Digitalisierung von Bankprozessen auf die Fahnen geschrieben. Damit war die IMTF wohl eines der ersten, wenn nicht sogar das erste FinTech-Unternehmen in der Schweiz – nur hat man damals noch nicht so genannt. Mit der zunehmenden Regulierung dieser Bereiche in Banken entwickelte sich die IMTF immer mehr in den Compliance-Bereich und ging 2001 mit der in Bensheim ansässigen TONBELLER AG eine Partnerschaft über den Vertrieb und die Implementierung ihrer Siron-Lösungen zur Bekämpfung von Finanzkriminalität ein. Insbesondere durch die internationale Ausrichtung der IMTF hat sie über 20 Jahre zum bahnbrechenden Erfolg der Siron-Produkte beigetragen. In 2015 wurde die TONBELLER AG von der US-amerikanischen FICO übernommen, was für das mittlerweile globale Siron-Geschäft weitere Wachstumsimpulse bedeutete. Im Dezember 2022 hat die IMTF das gesamte Siron-Geschäft von der FICO-Gruppe übernommen.
Wirtschaftsforum: Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für diesen langfristigen Erfolg des Unternehmens?
Dr. Sebastian Hetzler: Unsere Mitarbeiter sind unsere Schlüsselressource. Wir haben ein stabiles Team und konnten damit langjährige und stabile Kundenbeziehungen aufbauen. Wir arbeiten in einem sehr sensiblen Bereich. Vertrauen und Transparenz sind elementar.
Wirtschaftsforum: Auf welche Themen werden Sie sich in diesem Jahr konzentrieren?
Dr. Sebastian Hetzler: Die Fusion ist erst einige Wochen her und wir werden uns jetzt darauf konzentrieren, beide Geschäfte zu integrieren. Wir werden weiter investieren, unter anderem in künstliche Intelligenz und Cloud Computing.
Wirtschaftsforum: Welches Ziel haben Sie sich langfristig für IMTF gesetzt?
Dr. Sebastian Hetzler: Wir möchten unsere Marktpräsenz weiter ausbauen und unsere führende Stellung in den von uns adressierten Segmenten untermauern. Kundennutzen und Innovationsleistung sind dafür unsere Triebfedern.