Eine Heldenreise für den Rallye-Sport

Interview mit Jona Siebel, CEO der WRC Promoter GmbH

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Jona Siebel, CEO der WRC Promoter GmbH

Den besten Autofahrern der Welt kann man nicht bei der Formel 1 zusehen, sondern bei der World Rally Championship – wie auch viele Formel 1-Fahrer unumwunden zugeben. Im Interview mit Wirtschaftsforum stellte Jona Siebel, CEO der WRC Promoter GmbH, die Herausforderungen bei der Vermarktung dieser außergewöhnlichen Sportgroßveranstaltung sowie seine zahlreichen Impulse zu ihrer noch stärkeren Emotionalisierung vor.

Wirtschaftsforum: Herr Siebel, seit 2013 verantwortet Ihr Unternehmen die weltweite Vermarktung der FIA World Rally Championship, der zweitgrößten Motorsportserie im Vierradbereich überhaupt. Was zeichnet diese Sportart aus?

Jona Siebel: Ich habe schon mit einigen Formel1-Fahrern gesprochen, die mir gegenüber unumwunden zugegeben haben, dass bei der WRC die besten Autofahrer der Welt antreten – schlicht weil die technischen und fahrerischen Herausforderungen unter den konkreten Rahmenbedingungen unserer Veranstaltung unfassbar komplex sind. Ich selbst konnte dieses unbeschreibliche Gefühl einmal als Beifahrer von Elfyn Evans, einem der großen Stars unseres Sports, hautnah erfahren, als wir mit beinahe 200 km/h durch die elsässischen Wälder geflitzt sind – in diesem Moment habe ich kaum für möglich gehalten, dass das, was ich gerade erlebte, wirklich real war. Das war eine hohe Kunst.

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William Ruto, Präsident von Kenia, Sébastien Ogier, achtmaliger Rallye-Champion, und CEO Jona Siebel (v.l.n.r.)
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Jona Siebel bei der Eröffnung der WRC 2023 in Monte Carlo

Wirtschaftsforum: Bei dieser Emotionalität dürfte die Vermarktung der WRC ein Selbstläufer sein.

Jona Siebel: Nicht ganz – denn die Dramaturgie ist bei unseren Rallyes weniger stringent als bei anderen Motorsportarten. Anders als bei Rundstreckenrennen wie der Formel 1, wo die Fahrer gegeneinander antreten, fahren unsere Sportler mit ihren Co-Piloten gegen die Zeit und die Unwägbarkeiten der natürlichen Streckenumgebung – „Man and Machine against Time and the Elements“ lautet unser Motto. Doch das passiert eben nicht an einem zentralen Ort, sondern verstreut über mehrere Strecken, sogenannte Stages, auf denen die einzelnen Wertungsprüfungen stattfinden – einzig der Service-Park, der zentrale Ausgangspunkt und Reparatur-Hub der Fahrzeuge, fungiert als wichtiges Bindeglied, weshalb wir diesen Ort in Zukunft noch viel emotionaler bespielen werden. Dabei setzen wir sowohl live vor Ort als auch im Broadcast-Bereich zunehmend auf wichtige technologische Innovationen – so haben wir dieses Jahr zum ersten Mal eine Highspeed-Drohne eingesetzt, mit der wir das fahrende Auto aus einer ganz neuen Perspektive zeigen konnten. Gemeinsam mit unserem Produktionsdienstleister NEP ist es uns mithilfe eines Flugzeugs, das 10 km über dem Boden kreist, zudem gelungen, ein System zu etablieren, mit dem wir jede einzelne Stage live abbilden können – ein absoluter Gamechanger bei unseren Übertragungen.

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Die WRC will die zentrale Super Special Stage in einem Stadion noch emotionaler bespielen
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Die Fahrer müssen Helden sein, damit mit ihnen spannende Geschichten erzählt werden können

Wirtschaftsforum: Wie wollen Sie die Emotionalität dieser Sportart in ihrer Gesamtheit fassbar machen?

Jona Siebel: Führen wir uns einmal exemplarisch den deutschen Sportmarkt vor Augen: Da gibt es Fußball, Fußball und Fußball und irgendwann kommt dann vielleicht die NFL, die vor einigen Jahren insbesondere vom jungen Publikum entdeckt wurde. Einzelsportarten funktionieren fast nur über bekannte Namen, die mit besonders herausragenden Leistungen in Verbindung gebracht werden – denken Sie an Superstars wie Boris Becker, Steffi Graf oder Jan Ulrich. Ohne eine klare Emotionalität und eine packende Geschichte um einen Sportler und seine Weltklasse-Skills wird sich also kaum eine signifikante Breitenwirkung erzielen lassen – das ist eine wichtige Lehre, die wir aus dieser Beobachtung ziehen, und zwar nicht nur für den deutschen Markt, sondern weltweit. Deshalb wollen wir unsere Fahrer noch viel stärker in den Fokus rücken und sie auf einer emotional packenden Ebene einem breiten Publikum vorstellen.

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Die extremen Streckenbedingungen machen einen besonderen Reiz der WRC aus

Wirtschaftsforum: Gerade jüngere Zuschauer konsumieren ihren Content gerne snackable – ist das mit Sportgroßveranstaltungen überhaupt in einen sinnvollen Einklang zu bringen?

Jona Siebel: Natürlich bevorzugen verschiedene Zielgruppen unterschiedliche Darstellungsformen, und die Medienlandschaft durchläuft aufgrund der enormen Fragmentierung der Sehgewohnheiten ohnehin einen tiefgreifenden Transformationsprozess – darauf stellen wir uns selbstverständlich ein, nicht zuletzt mit unserer eigenen OTT-Plattform, auf der wir unsere emotionale Ansprache konsequent leben. Gerade mit gut erzählten Heldengeschichten erreicht man aber auch das junge Publikum – denken Sie nur an das Phänomen Taylor Swift, die eine gigantische globale Fangemeinde geradezu elektrisiert, weil sie authentisch und nahbar ist, ein Lebensgefühl transportiert, eine Haltung und ein enormes Talent hat. Um eine derart spannende Heldenreise erzählen zu können, brauchen wir natürlich die richtigen Persönlichkeiten in unseren Autos und werden in Zukunft auch gerne andere Celebrities wie bekannte YouTuber als Co-Driver zu ihnen auf den Beifahrersitz setzen und sie hinterher von ihren beeindruckenden Erlebnissen erzählen lassen. Diese Synergien mit anderen Entertainment-Segmenten wollen wir konsequent ausspielen, um die Motorsportmarke WRC verstärkt in eine Entertainment-Brand zu transformieren. Das wird natürlich nur mit einer breiten und entsprechend komplexen Marketingstrategie funktionieren – aber diese Herausforderung nehmen wir gerne an.