Entkoffeinierter Kaffee als echte Wahl
Interview mit Jens Eckhoff, Geschäftsführer
Entkoffeinierter Kaffee führte lange ein Schattendasein – gesehen als Kompromiss und nicht als echte Option. Doch diese Wahrnehmung ändert sich rasch. Da Verbraucher zunehmend gesundheitsbewusster werden und nach Ausgewogenheit in ihrem täglichen Leben suchen, steigt die Nachfrage nach hochwertigem entkoffeiniertem Kaffee. Er ist kein Nischenprodukt mehr, sondern entwickelt sich zu einer bewussten, hochwertigen Wahl. Ein Unternehmen, das sich von Anfang an der Entkoffeinierung gewidmet hat, ist die Coffein Compagnie GmbH & Co. KG in Bremen. Mit mehr als 90 Jahren Erfahrung und einem klaren Fokus auf hochwertigen entkoffeinierten Kaffee hat sich das Unternehmen als weltweit führend in seinem Bereich etabliert. Jens Eckhoff, Geschäftsführer, teilt Einblicke in die einzigartige Position des Unternehmens auf dem Markt, die wachsende Bedeutung von entkoffeiniertem Kaffee – und warum sein wahres Potenzial sich erst jetzt entfaltet.
European Business: Dr. Eckhoff, die Coffein Compagnie hat tiefe Wurzeln in Bremen. Wie wurde das Unternehmen zum weltweit führenden Anbieter in der Entkoffeinierung?
Jens Eckhoff: Bremen war schon lange ein Zentrum des weltweiten Kaffeehandels und spielte eine Schlüsselrolle in der frühen Entwicklung der Entkoffeinierung. Als das ursprüngliche Patent von Ludwig Roselius ablief, erkannte unser Gründer, Dr. Erich Scheele, das Potenzial dieser Nische und gründete 1931 die Coffein Compagnie. Von Anfang an konzentrierte sich das Unternehmen ausschließlich auf die Entkoffeinierung von grünen Kaffeebohnen – ohne Röstung – was uns zu wahren Spezialisten auf diesem Gebiet macht. Heute beziehen wir Rohbohnen aus großen Produktionsländern wie Brasilien, Kolumbien und Vietnam, die wir in unserer Hauptanlage in Bremen und einer zweiten Einrichtung in Vietnam verarbeiten. Etwa 65% unseres entkoffeinierten Kaffees werden in die USA verschickt, 30% nach Europa und 5% nach Asien, wo das Interesse an hochwertigem entkoffeiniertem Kaffee weiterhin steigt.
European Business: Welche Methoden verwenden Sie, um Kaffee zu entkoffeinieren?
Jens Eckhoff: Wir bieten drei Hauptmethoden an, die auf unterschiedliche Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind. Das Hanseatische Wasserverfahren zur Entkoffeinierung ist ein sanfter, zertifizierter Bio-Prozess, der nur Wasser verwendet und für BIO-Decaf geeignet ist. Außerdem gibt es das hanseatische Zuckerrohrverfahren, das natürlich abgeleitetes Ethylacetat verwendet, und schließlich das MC-Verfahren, ein traditionellerer Ansatz, der Methylchlorid verwendet. Die Auswahl hängt vom Geschmacksprofil des Kunden, den Zertifizierungsanforderungen und den Preisvorstellungen ab. Alle unsere Methoden sind koscher, halal und IFS-zertifiziert, und wir erfüllen die Standards für Regenwald und andere Nachhaltigkeitslabel.
European Business: Verliert entkoffeinierter Kaffee endlich sein altes Image, geschmacklich minderwertig zu sein?
Jens Eckhoff: Ja, definitiv. Wenn man mit hochwertigen Bohnen beginnt und einen sauberen Prozess anwendt, ist moderner Decaf im Geschmack kaum von normalem Kaffee zu unterscheiden. Es ist ähnlich wie bei alkoholfreiem Bier, das sich entwickelt hat – heute geht es darum, das Erlebnis ohne die Nebenwirkungen zu genießen. Mehr Verbraucher, besonders jüngere, möchten Kaffee auch später am Tag trinken, ohne sich über Koffein Gedanken machen zu müssen. Decaf ermöglicht ihnen das, ohne auf Geschmack zu verzichten. In Deutschland hat Decaf einen Marktanteil von nur etwa 4 bis 5 %. Aber in den USA, Spanien oder Teilen Asiens kann er 10 bis 20 % erreichen. Mit wachsendem Bewusstsein entdecken immer mehr Menschen, dass Decaf eine geschmackvolle, gesunde Alternative sein kann.
European Business: Wie bewältigt die Coffein Compagnie die Großproduktion in einem volatilen globalen Markt?
Jens Eckhoff: Wir entkoffeinieren jährlich etwa 120.000 Tonnen Rohkaffee in Bremen – rund 6.000 Container, die jedes Jahr ein- und ausgehen. Unsere Anlage in Vietnam fügt weitere 30.000 Tonnen hinzu. Mit Betrieben in Europa, Asien und einem Vertriebsbüro in den USA sowie einer italienischen Tochtergesellschaft, die das extrahierte Koffein für die Getränkeindustrie verarbeitet, operieren wir wirklich global. Natürlich bringt diese Größenordnung Herausforderungen mit sich – besonders auf dem heutigen Markt. Lieferketten sind langsamer und teurer geworden, mit Verzögerungen beim Versand und höherem Finanzierungsbedarf aufgrund längerer Transitzeiten. Gleichzeitig haben sich die Preise für Rohkaffee verdoppelt oder verdreifacht, und Zollunsicherheiten, insbesondere in den USA, erschweren die Planung zusätzlich. Das Management dieser Faktoren erfordert Agilität, Erfahrung und starke finanzielle Disziplin.
European Business: Wie sieht Ihre Zukunftsprognose für Decaf und für die Coffein Compagnie als Unternehmen aus?
Jens Eckhoff: Die Zukunft sieht vielversprechend aus. Kaffee verliert nicht an Relevanz – er entwickelt sich weiter. Immer mehr Menschen möchten den Geschmack und das Ritual des Kaffeetrinkens den ganzen Tag über genießen, dabei aber ihren Koffeinkonsum im Auge behalten. Decaf ermöglicht ihnen genau das – ohne Kompromisse bei Geschmack oder Qualität. Unser Ziel ist es, Decaf nicht als Ersatz, sondern als bewusste, hochwertige Wahl in allen Herkünften und Formaten zu positionieren. Als Unternehmen sind wir gut aufgestellt, um diese Veränderung anzuführen. 1931 gegründet und immer noch familiengeführt, haben wir unseren Ruf auf Konsistenz, Qualität und Vertrauen aufgebaut. Wir sind vollständig zertifiziert und betreiben unser eigenes Labor, um die Produktintegrität zu gewährleisten. Die Kaffeeindustrie ist eng vernetzt, und unser Name hat Gewicht. Ich bin seit 35 Jahren bei der Coffein Compagnie – viele meiner Kollegen sogar noch länger, einige über 50 Jahre. Mit rund 400 Mitarbeitern weltweit sind wir stolz auf unsere starke Unternehmenskultur und langfristigen Beziehungen. Diese Stabilität ist der Schlüssel dazu, auch bei sich wandelnden Marktverhältnissen Exzellenz zu liefern.
European Business: Um es zusammenzufassen – warum Decaf trinken?
Jens Eckhoff: Weil es Ihnen ermöglicht, jederzeit großartigen Kaffee zu genießen, ohne Einschränkungen. Und weil er, wenn er richtig gemacht wird, genauso gut schmeckt. Glauben Sie mir nicht nur – probieren Sie es aus.