Menschen zuerst, immer
Interview mit Sarah Wenghofer, stellvertretende Geschäftsführerin von Alpenland St. Johann
Im wettbewerbsintensiven Tourismusmarkt Österreichs schlägt das Alpenland Resort in St. Johann im Pongau einen einzigartigen Weg ein. Das amerikanische Hotel legt großen Wert auf ganzjährige Beschäftigung, Karriereentwicklung und innovative Arbeitsmodelle, um zu zeigen, dass die Priorisierung der Mitarbeiter die härtesten Herausforderungen der Branche bewältigen kann. Von Servicerobotern, die dem Personal helfen, bis hin zur Förderung von Loyalität durch Wachstum, definiert Alpenland die alpine Gastfreundschaft neu. In diesem Interview spricht die stellvertretende Geschäftsführerin Sarah Wenghofer über ihre menschenzentrierte Philosophie und was sie von anderen unterscheidet.
European Business: Das Alpenland Resort hat eine interessante Besitzstruktur. Frau Wenghofer, können Sie uns etwas über dessen Geschichte erzählen?
Sarah Wenghofer: Das Hotel wurde 1978 gegründet und nur wenige Jahre später von einer amerikanischen Familie gekauft. Wir sind ziemlich einzigartig, da wir die einzige Liegenschaft sind, die sie in Österreich besitzen. Obwohl der Besitz amerikanisch ist, sind wir hier in Österreich diejenigen, die den täglichen Betrieb leiten. Die letzten sechs Jahre waren besonders transformativ für uns, mit einem neuen Management, das bedeutende Veränderungen durchgeführt hat.
European Business: Was macht Ihren Ansatz in der Gastfreundschaft anders als andere Hotels?
Sarah Wenghofer: Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital. Wir glauben fest daran, dass die Vision und Philosophie des Hotels von unseren Mitarbeitern gelebt werden muss – das Management kann alle Pläne machen, die es will, aber wenn die Mitarbeiter diese Werte nicht verkörpern, ist es bedeutungslos. Wir konzentrieren uns darauf, klare Strukturen zu schaffen und unsere Mitarbeiter in alles, was wir tun, einzubeziehen. Im Gegensatz zu vielen Hotels in der Region bieten wir hauptsächlich ganzjährige Positionen anstatt saisonaler Arbeit an. Dies hilft, eine stärkere Mitarbeiterbindung zu schaffen. Besonders wichtig ist uns, dass wir unser Personal nicht nur als Arbeiter betrachten – wir achten auf ihre individuellen Qualitäten und Potenziale und investieren dann in ihre Entwicklung. Wir fördern und fordern sogar aktiv Weiterbildung und Schulungen.
European Business: Wie gehen Sie mit der branchenweiten Herausforderung des Personalmangels um?
Sarah Wenghofer: Geld ist wichtig, aber es ist nur ein kurzfristiger Motivator. Wir konzentrieren uns darauf, sinnvolle Arbeitserfahrungen und klare Karriereperspektiven zu schaffen. Die Tourismusbranche hat oft diese veraltete Denkweise von ‘so haben wir das immer gemacht,’ besonders in Bezug auf Arbeitszeiten und -bedingungen. Wir versuchen verschiedene Arbeitsmodelle, denn obwohl der Tourismus immer Wochenend- und Abendarbeit beinhalten wird, gibt es Möglichkeiten, ihn attraktiver zu gestalten. Wir müssen jungen Menschen zeigen, dass es echte Karrieremöglichkeiten in dieser Branche gibt.
European Business: Sie agieren in einem hochkompetitiven Markt. Was hebt Alpenland ab?
Sarah Wenghofer: Wir sind ziemlich einzigartig, da wir eine Timeshare-Unterkunft sind – etwa 60% unserer Belegung stammen von Timeshare-Gästen. Das macht uns zu einem der internationalsten Hotels in St. Johann, mit Gästen aus aller Welt. Wir haben 140 Zimmer, die bis zu 300 Gäste beherbergen, und obwohl wir uns nicht primär auf Wellness konzentrieren wie viele andere Hotels, legen wir unseren Schwerpunkt auf Natur, Sport und Freizeitaktivitäten. Unsere Gästemischung ist auch recht vielfältig – wir haben traditionelle Urlaubsgäste, Geschäftsreisende für unsere umfangreichen Seminareinrichtungen und unsere Timeshare-Gäste, die unser Hotel oft als Basis nutzen, um ganz Österreich zu erkunden.
European Business: Welche Rolle spielt die Digitalisierung in Ihrem Betrieb?
Sarah Wenghofer: Wir haben einen Großteil unserer internen Kommunikation und Prozesse digitalisiert, aber wir gehen sehr bedacht vor, wenn es um die Implementierung von Technologie geht. Zum Beispiel haben wir einen Service-Roboter, aber er ist so konzipiert, dass er unser Personal unterstützt, nicht ersetzt. Er trägt Teller, damit unsere Mitarbeiter mehr Zeit mit den Gästen verbringen können. In der ländlichen Gastfreundschaft ist Digitalisierung ein heikles Thema – wir können nicht einfach einen Check-in-Automaten aufstellen und die Rezeption schließen, denn das würde den wichtigen persönlichen Kontakt zu den Gästen verlieren.
European Business: Wie sieht Ihre Vision für die Zukunft des Tourismus in der Region aus?
Sarah Wenghofer: Eine meiner persönlichen Leidenschaften ist die Veränderung unserer Herangehensweise an den Wettbewerb in ländlichen Gebieten. Statt dass Hotels versuchen, sich gegenseitig zu übertrumpfen, müssen wir uns auf das Destinationsmanagement konzentrieren. Wir müssen das Ziel als Ganzes vermarkten, nicht nur einzelne Hotels. Wenn man sich erfolgreiche Regionen wie das Großarltal ansieht, haben sie eine starke Marke geschaffen, bei der keine einzelne Unterkunft alleine steht. Diese Art der Zusammenarbeit könnte die gesamte Region attraktiver machen und langfristig allen zugutekommen. Wir haben bereits ein Tourismusmanagement, aber was wir wirklich brauchen, ist ein umfassendes Destinationsmanagement. Dabei geht es nicht darum, die individuelle Identität zu verlieren – ganz im Gegenteil. Wenn wir das Ziel als Ganzes stärken, wird der einzigartige Charakter jedes Hotels noch wertvoller.