Die Zukunft des Backens ist verantwortungsvoll
Interview mit Volker Schmidt-Sköries, Geschäftsführer
Während viele Bäckereien mit steigenden Kosten und Personalmangel kämpfen, wächst biokaiser GmbH weiterhin – stetig, zielgerichtet und mit Herz. Vor fast 50 Jahren in Wiesbaden gegründet, hat sich die Bio-Bäckerei zu einem florierenden Unternehmen entwickelt, das Menschen vor Gewinne stellt. In diesem Interview erklärt der Gründer und Geschäftsführer Volker Schmidt-Sköries, wie wertebasierte Führung, soziale Verantwortung und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können – und warum er glaubt, dass Unternehmen die Welt verbessern können und sollten.
European Business: biokaiser feiert nächstes Jahr sein 50-jähriges Jubiläum – ein beeindruckender Meilenstein in einer herausfordernden Branche. Wie hat alles begonnen, und wie hat sich das Unternehmen seitdem entwickelt?
Volker Schmidt-Sköries: Ich habe biokaiser in den 1970er Jahren mitgegründet, zu einer Zeit, als Bio-Lebensmittel noch eine Randerscheinung waren. Wir waren Teil der Alternativbewegung, angetrieben von sozialen und ökologischen Idealen statt von wirtschaftlichem Gewinn. Von einer kleinen Hinterhofbäckerei in Wiesbaden sind wir zu einer der größten Bäckereien der Stadt gewachsen, die täglich Bio-Backwaren im Wert von über 100.000 EUR produziert und etwa 350 Mitarbeiter beschäftigt. Unser Wachstum, insbesondere seit 2000, war stetig – auch in turbulenten Zeiten.
European Business: Viele Bäckereien stehen derzeit vor existenziellen Herausforderungen. Doch Ihr Geschäft scheint zu gedeihen. Was macht Sie anders?
Volker Schmidt-Sköries: Im Gegensatz zu vielen anderen in der Branche sind wir weiterhin profitabel – und ich glaube, das liegt größtenteils an unserem unterschiedlichen Wirtschaftsmodell. Wir sind nach der Gemeinwohl-Ökonomie zertifiziert und begrenzen unsere Gewinnmargen auf 5%. Alle zusätzlichen Erträge werden mit den Mitarbeitern geteilt oder in soziale und kulturelle Initiativen investiert – zum Beispiel beim Bau von Häusern in Indien. Außerdem stellt unsere Unternehmensbesitzstruktur sicher, dass dies verbindlich ist: 59% der Anteile werden von gemeinnützigen Stiftungen gehalten. Unsere Preise bleiben fair, unsere Qualität ist außergewöhnlich, und unsere Kunden schätzen diese Beständigkeit und Ehrlichkeit.
European Business: Sie betonen die menschliche und soziale Seite des Geschäftslebens. Wie verankern Sie diese Werte in Ihrem täglichen Betrieb?
Volker Schmidt-Sköries: Wir legen großen Wert auf das Wohlbefinden und die Kultur unserer Mitarbeiter. Führungskräfte erhalten regelmäßiges Coaching, und während der Arbeitszeit können Mitarbeiter Therapiesitzungen in Anspruch nehmen. Jeder erhält bezahlte Zeit für Achtsamkeit, und unser interner Mindestlohn beträgt seit über zwei Jahrzehnten EUR 14,39. Unsere Auszubildenden lernen nicht nur das Handwerk, sondern bauen auch eigenes Getreide auf ihrem Feld an und erhalten Kommunikationstraining durch Theaterpädagogen. Es geht darum, Menschen zu fördern und nicht nur die Produktivität. Für uns ist Wirtschaft nicht nur Brots verkaufen – es geht darum, Würde, Teilnahme und Menschlichkeit auf jeder Ebene zu fördern.
European Business: Mit einer so starken ethischen Grundlage, wie halten Sie die Wettbewerbsfähigkeit auf einem von Preisdruck und Konsolidierung geprägten Markt aufrecht?
Volker Schmidt-Sköries: Wir spielen nicht das übliche Preisspiel. Unser Wachstum basiert auf Vertrauen, Qualität und langfristigen Beziehungen. Wir diversifizieren aktiv unsere Vertriebskanäle und stellen sicher, dass jeder einzelne vollkostenbasis rentabel ist – das gibt uns Unabhängigkeit und Stabilität. Wir verlassen uns nicht auf einen großen Käufer. Stattdessen investieren wir in Komplexität und echte Partnerschaft. Unser wirtschaftlicher Erfolg kommt von Integrität. Um diesen Ansatz weiterzugeben, haben wir in Zusammenarbeit mit der TH Mittelhessen eine Akademie gegründet, in der Studenten in wertebasierter Führung geschult werden und sogar im Rahmen des Lehrplans ihr eigenes Bäckereikonzept führen.
European Business: Was ist Ihre Botschaft an die politischen Entscheidungsträger – und welche Art von Unterstützung würde sozial verantwortlichen Unternehmen wie Ihrem helfen?
Volker Schmidt-Sköries: Mein Wunsch ist, dass die Politik über kurzfristige Narrative hinausgeht und die Realität mit Mut und Verantwortung annimmt. Nachhaltigkeit sollte keine vorübergehende Modeerscheinung, sondern eine strukturelle Priorität sein. Ich interessiere mich nicht für Parteipolitik – mir geht es um ethische Führung. Wir alle, einschließlich der Unternehmer, haben die Verantwortung sicherzustellen, dass unsere Enkelkinder noch eine Zukunft haben. Das erfordert langfristiges Denken, keine Quartalsergebnisse.
European Business: Was sind Ihre Pläne für biokaiser in den nächsten Jahren?
Volker Schmidt-Sköries: Mein Ziel ist es sicherzustellen, dass die Werte, auf denen wir dieses Unternehmen aufgebaut haben, auch in meiner Abwesenheit stark bleiben. Ich möchte, dass die nächste Generation diesen Geist weiterträgt. Zu unserem 50-jährigen Jubiläum erstellen wir sogar Kinderbücher – kleine Pixi-Stil Geschichten darüber, wie unsere charakteristischen Produkte entstanden sind. biokaiser steht für mehr als nur Brot. Wir wollen eine andere Art von Wirtschaft inspirieren – menschlich, fair und zukunftsfähig. Brot ist unser Handwerk, aber Wirkung ist unser Ziel. Wir wollen die Welt unterwegs ein wenig besser machen.