Ungarns grünes Wachstum
Interview mit László Kőszegi, Eigentümer, CEO und Dr. Zoltán Gergácz, Vorsitzender des Vorstands der Hőgyèszi Agrokémiai Kft.
Der Klimawandel ist real – und er stellt wachsende Herausforderungen an die Ernährungssicherheit. Die Notwendigkeit für innovative Ansätze in der Landwirtschaft war noch nie so kritisch. Bodendegradation, Verlust der Biodiversität und sinkende Erträge sind einige der Hauptprobleme, mit denen die Landwirtschaft heute konfrontiert ist. Die Annahme moderner Methoden ist wesentlich für den Aufbau eines widerstandsfähigeren, effizienteren und umweltfreundlicheren landwirtschaftlichen Systems. Die Hőgyèszi Agrokémiai Kft. aus Ungarn ist bereit, sich dieser Herausforderung zu stellen.
European Business: Herr Kőszegi, könnten Sie bitte teilen, worauf sich Högyészi konzentriert?
László Kőszegi: Wir sind eine Gruppe von 26 Unternehmen, die in drei Gewinnzentren organisiert sind: zwei Handelsunternehmen und mehrere landwirtschaftliche Betriebe, die insgesamt 8.500 Hektar Land bewirtschaften. Dr. Gergácz ist verantwortlich für die Verwaltung von 7.500 Hektar. Unser Fokus liegt auf Nachhaltigkeit, gesunden Lebensmitteln und innovativen Ansätzen in der landwirtschaftlichen Produktion.
European Business: Die Landwirtschaft in Ungarn spielt eine bedeutende Rolle in der nationalen Wirtschaft. Rund 60% seines Territoriums werden für die Landwirtschaft genutzt. In Anbetracht dessen, welche Rolle spielt das Unternehmen auf dem Markt?
László Kőszegi: Es gibt rund 50 Unternehmen, die in landwirtschaftlichen Chemikalien und Produkten tätig sind, mit vier großen Akteuren; wir sind die Nummer fünf auf dem Markt. Im Jahr 2022 hatten unsere drei Gewinnzentren einen Jahresumsatz von 100 Milliarden HUF.
European Business: Was waren die wichtigsten Meilensteine auf Ihrem Weg, ein führender Marktteilnehmer zu werden?
László Kőszegi: Der Zeitraum von 1991 bis 1999 war durch unseren Einstieg in den Agrarsektor gekennzeichnet, beginnend mit der Verteilung von Pestiziden und Samen, später erweitert um landwirtschaftliche Produkte. Im Jahr 2001 begannen wir mit dem Erwerb von landwirtschaftlichen Produktionsunternehmen, einschließlich mehrerer Getreidelagerstätten. Unterwegs mussten wir auch ernsthafte Herausforderungen wie die COVID-19-Pandemie und ein Jahr schwerer Dürre überwinden. Seit 2022 navigieren wir durch eine Agrarkrise, die weiterhin die Industrie beeinflusst.
European Business: Wie würden Sie das Produktportfolio beschreiben?
László Kőszegi: Neben verschiedenen Dienstleistungen bietet Hőgyészi Agrokémiai hauptsächlich Düngemittel, Pestizide und Samen an. Mit Blick nach vorne erkunden wir aktiv neue und innovative Produkte, wobei ein besonderes Interesse an organischen Lösungen besteht.
European Business: Wie würden Sie die aktuelle Marktsituation beschreiben?
Dr. Zoltán Gergácz: Das aktuelle Marktumfeld ist schwierig. Landwirte verzögern Investitionen, und bestimmte Produkte wurden vom Markt genommen. Insgesamt ist der Markt rückläufig, und der Wettbewerb wird immer intensiver.
European Business: In welcher Weise hebt sich Ihr Unternehmen ab, wenn es darum geht, aktuelle Markt-Herausforderungen zu überwinden?
László Kőszegi: Wir verkaufen nicht nur Produkte – wir bieten Fachkompetenz. Unser Vertriebsteam ist hochprofessionell und wird durch ein soliden Logistikkonzept unterstützt. Unsere Unternehmenskultur und innovativer Geist sind unsere größten Stärken. Wir profitieren von einem starken Teamgeist und einer positiven Arbeitsatmosphäre. Unser strikter Fokus auf Kundenbedürfnisse ist ein weiterer entscheidender Faktor.
European Business: Wie tragen Sie zu einer nachhaltigeren Zukunft bei?
Dr. Zoltán Gergácz: Als Integrator und Getreidehändler verpflichten wir uns zur Produktion gesunder Lebensmittel und sind Teil des von der EU initiierten Projekts „vom Acker bis zum Teller“. Wenn es um Qualität geht, beginnt alles mit der Rückverfolgbarkeit; deshalb legen wir großen Wert auf zertifizierte Prozesse und strenge Kontrollen des Getreides Ursprungs. Derzeit investieren wir in ein Unternehmen, das sich auf die langfristige menschliche Gesundheit durch den Einsatz natürlicher Rohstoffe konzentriert. In Zukunft werden wir uns auf Bio-Produkte konzentrieren, insbesondere auf Samen, nicht nur um unsere Marktposition weiter zu stärken, sondern auch um einen bedeutenden Beitrag zu einer grüneren Zukunft zu leisten. Wir werden alternative Anbaumethoden und Produkte entwickeln.
European Business: Sie haben sowohl zertifizierte Prozesse als auch innovative Anbaumethoden erwähnt. Könnten Sie ein konkretes Beispiel geben, wie diese Ansätze in der Praxis funktionieren?
Dr. Zoltán Gergácz: Die europäische Landwirtschaft durchlebt eine Zeit erheblicher Störungen, hauptsächlich durch den Klimawandel bedingt. Wir sehen darin sowohl eine Herausforderung als auch eine Gelegenheit, eine bedeutende Transformation innerhalb des Sektors voranzutreiben. Aus diesem Grund wird Biodiversität essenziell sein. Statt uns nur auf Mais, Weizen und Sonnenblumen zu verlassen, müssen wir neue Pflanzen und innovative Methoden erforschen, um unsere Böden zu revitalisieren. Mikrobiome spielen eine Schlüsselrolle in der nachhaltigen Landwirtschaft. Böden erbringen lebenswichtige Ökosystemdienstleistungen wie Biomasseproduktion und Biodiversitätsbewahrung. In diesem Jahr haben wir bereits 17 verschiedene Pflanzensorten geerntet.
European Business: Welche Innovationsbereiche werden in Ihrem Nachhaltigkeitsansatz zukünftig am wichtigsten sein?
Dr. Zoltán Gergácz: Wir möchten gesunde Lebensmittel herstellen, insbesondere Öle und Proteine. Um konstante Qualität und Nachhaltigkeit sicherzustellen, sind wir entschlossen, die gesamte Wertschöpfungskette zu verwalten — vom Anbau bis zum Endprodukt.
European Business: Haben Sie bereits neue Produkte vorgestellt?
Dr. Zoltán Gergácz: Ja, wir haben sogar einen Innovationspreis für unser kaltgepresstes Leinsamenöl auf einer Messe in London gewonnen. Außerdem verwenden wir Schwarzkümmel, Kürbiskern, Hirse und Kichererbsen. Es ist jedoch nicht einfach, Landwirte davon zu überzeugen, neue, innovative Produkte anzunehmen, wohingegen Verbraucher viel aufgeschlossener sind.
European Business: Welche Herausforderungen erwarten Sie in Zukunft?
László Kőszegi: Herausforderungen wie der Klimawandel und erschöpfte Böden sind komplexe wissenschaftliche Probleme. Deshalb müssen wir uns auf Experten und Forscher verlassen, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Und wir müssen jetzt handeln – damit wir wertvolle Ressourcen an die nächste Generation weitergeben können.