Pioniere im Bio-Einzelhandel
Interview mit Thomas Börkey-Biermann, Geschäftsführer der Ökoring Handels GmbH
Seit mehr als 30 Jahren ist die Ökoring Handels GmbH in Bayern ein vertrauenswürdiger Lieferant von biologisch angebauten Lebensmitteln für den Bio-Einzelhandel, die Gastronomie und soziale Einrichtungen. Was als kleine Genossenschaft begann, hat sich zu einem regionalen Marktführer entwickelt. Geschäftsführer und Mitbegründer Thomas Börkey-Biermann reflektiert über diese bemerkenswerte Reise, teilt Einblicke in Pioniergeist und Werte und erklärt, warum für ihn Frische und Fairness untrennbar sind.
European Business: Herr Börkey-Biermann, Ökoring Handels GmbH besteht seit mehr als drei Jahrzehnten. Wie hat das Unternehmen damals angefangen?
Thomas Börkey-Biermann: Die Ursprünge gehen zurück bis ins Jahr 1993. Zu dieser Zeit fusionierten zwei Unternehmen: die Biomarkt Genossenschaft in Gräfelfing, die erfolgreich einen Bio-Lebensmittelladen und ein kleines Großhandelsgeschäft für Frischwaren betrieb, und das Unternehmen Byodo, das damals wie heute im Großhandel und in der Produktion von Trockenwaren tätig war. Das Ziel war, Ressourcen zu bündeln – und so entstand Ökoring.
European Business: Heute ist Ökoring ein mittelständisches Unternehmen mit etwa 140 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von etwa 80 Millionen EUR. Welche waren die wichtigsten Meilensteine auf diesem Weg?
Thomas Börkey-Biermann: Der wichtigste war sicherlich der Umzug nach Mammendorf im Jahr 1999. Mit unseren Mitarbeitern im Blick war es uns wichtig, dass der Standort mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist. Wir haben mit wenig Kapital gebaut, aber mit viel menschlichem Potenzial – “menschliches Kapital”, wie es heute genannt wird. Das prägt uns weiterhin.
European Business: Welchen Branchen entstammen Ihre Kunden?
Thomas Börkey-Biermann: Zunächst konzentrierten wir uns auf den Bio-Fachhandel und Hofläden; wir belieferten auch Bio-Gemüsekisten. Aber schon sehr früh kamen handwerkliche Verarbeiter wie Bio-Bäcker und -Metzger hinzu. Heute bedienen wir den gesamten Außer-Haus-Verpflegungssektor – von Kindergärten über Hotels bis hin zur Systemgastronomie. Wir haben unser Produktsortiment gemeinsam mit unseren Kunden entwickelt. Heute bieten wir rund 12,000 Bio-Produkte an. Unser Hauptaugenmerk liegt auf Frischeprodukten wie Obst, Gemüse, Molkereiprodukte und Tiefkühlkost.
European Business: Was macht Ökoring besonders?
Thomas Börkey-Biermann: Wir waren die ersten, die systematisch den Bio-Gastronomiesektor beliefert haben – echte Pioniere. Wir waren auch bei Tiefkühlkost vorne mit dabei. Aber wir konkurrieren nicht über den Preis, wir heben uns durch Fachwissen ab. Ich sage immer: Wir betreiben Kompetenzmarketing, kein Preis-Marketing. Unsere Kunden wissen, dass sie sich auf uns für Qualität, Zuverlässigkeit und Beratung verlassen können. Die Grundlage dafür sind Ehrlichkeit, Transparenz, Fairness und echte Partnerschaft.
European Business: Diese Werte scheinen Ihnen sehr wichtig zu sein.
Thomas Börkey-Biermann: Absolut! Wir sind bio-zertifiziert, IFS-zertifiziert und – etwas, worauf ich besonders stolz bin – wir erstellen eine Gemeinwohlbilanz. Die Firma sind meine Mitarbeiter. Ich bin nur der Kapitän. Und in diesem Team arbeiten Menschen aus mehr als 30 Nationen zusammen – Frauen und Männer, Junge und Alte. Wir leben Vielfalt und Teamgeist – und das nicht nur auf dem Papier.
European Business: Wie beurteilen Sie die aktuelle Marktsituation?
Thomas Börkey-Biermann: Die Zeiten sind momentan nicht leicht. Der Wettbewerb im Lebensmittelhandel ist hart: Traditionelle Lebensmitteleinzelhändler drängen massiv in den Bio-Sektor, oft mit ruinösen Preisen. Gleichzeitig sind viele Verbraucher offener für Bio-Produkte, aber auch preissensibler. In Deutschland wird leider immer noch zu wenig für gutes Essen bezahlt. Aber: Bio hat weiterhin großes Potenzial. Und wir bleiben leidenschaftliche Befürworter.
European Business: Wie international ist die Ausrichtung von Ökoring?
Thomas Börkey-Biermann: Für uns geht es um nachhaltige Beziehungen, sowohl lokal als auch global. Wir sind in unserer Region verwurzelt, beliefern aber auch Südtirol und angrenzende Regionen in Österreich. Darüber hinaus engagieren wir uns international – zum Beispiel bei Bio-Projekten in Tunesien und Marokko, wo wir kleine Landwirte und Frauenkooperativen unterstützen.
European Business: Welche Projekte stehen aktuell im Fokus für Sie?
Thomas Börkey-Biermann: Wir stellen derzeit auf ein neues ERP-System um. Das ist ein großer Aufwand, aber eine wesentliche Notwendigkeit. Wir investieren auch in Schulungen, Bildung und langfristige Personalentwicklung. Auch die Nachfolgeplanung steht auf der Tagesordnung, da ich jetzt 60 bin. Wir denken auch über bauliche Erweiterungen nach, um weiteres Wachstum zu ermöglichen.
European Business: Wie sieht Ihre Vision für Ökoring in den nächsten fünf bis zehn Jahren aus? Wo möchten Sie das Unternehmen bis dahin sehen?
Thomas Börkey-Biermann: Mein Wunsch ist, dass das Unternehmen auch ohne mich weiterhin erfolgreich ist – und gesund, unabhängig und werteorientiert bleibt, wie es heute ist. Dass junge Menschen den Staffelstab mit Freude und Verantwortung übernehmen. Und dass wir weiterhin ein Ort sein werden, wo sinnvolle Arbeit möglich ist – für Menschen, Tiere und unsere Umwelt.