Wohnvisionen mit Bodenhaftung

Interview mit Celestino Piazza, Geschäftsführer der Vereinigte Gmünder Wohnungsbaugesellschaft mbH

Vereinigte Gmünder Mehrfamilienhaus
Mehrfamilienhaus im Quartier Käppelesäcker

Bezahlbarer Wohnraum ist so knapp wie lange nicht. Die Wohnungsnot in Deutschland ist groß; gerade in Ballungsgebieten. Vor allem die gestiegenen Kosten für Neubauten sind ein Problem. Die Vereinigte Gmünder Wohnungsbaugesellschaft mbH kennt diese Probleme – und setzt innovative Ideen um, um ihren Mietern in schwierigen Zeiten Gutes zu tun.

Wirtschaftsforum: Herr Piazza, Sie sind Geschäftsführer der VGW. Was genau macht das Unternehmen?

Celestino Piazza: Wir sind eine städtische Wohnungsbaugesellschaft mit drei Firmen. Zum einen bedienen wir den Wohnungsmarkt mit Mietwohnungen, dann sind wir Bauträger und Verwaltungsunternehmen. Seit 2017 gibt es zudem die VGW Facility Management mit verschiedenen Handwerkern wie Malern, Schreinern und In-stallateuren. Wir übernehmen die Pflege von Grünflächen, haben seit diesem Jahr ein eigenes Glasfasernetz und machen Wärme- und Stromcontracting. Mit diesem Bündel an Leistungen schaffen, vermieten, verkaufen und verwalten wir Wohnraum, sind schneller, flexibler und günstiger als andere.

Wirtschaftsforum: Ist der Dienstleistungsgedanke ein wichtiges Charakteristikum der VGW?

Celestino Piazza, Geschäftsführer der Vereinigte Gmünder Wohnungsbaugesellschaft mbH
Celestino Piazza, Geschäftsführer der Vereinigte Gmünder Wohnungsbaugesellschaft mbH

Celestino Piazza: Ja. Lange Zeit wurde viel outgesourct; ich mache mit dem Insourcing genau das Gegenteil. Nach der langen Hochkonjunktur in der Baubranche steckt diese gerade in der Krise; Handwerker sind nur schwer zu bekommen. Wir arbeiten im Neubau mit Fremdfirmen zusammen, im Bestand sind unsere eigenen Handwerker im Einsatz. So können wir sehr schnell agieren. Diese Strategie des Insourcing fahren wir seit 2017 und wir werden sie in Zukunft fortsetzen und noch mehr Dienstleistungen integrieren. Damals haben wir die Themen Wärmemessdienste und Heizkostenabrechnung ins Haus geholt, dafür eigene Installateure rekrutiert und eine Abrechnungsabteilung ins Leben gerufen. Mittlerweile haben wir 3.200 Wohnungen umgerüstet. Das war der Einstieg. Ich habe damals gesagt, da geht noch mehr. Außerdem haben wir unseren Regiebetrieb noch durch den Bereich Gebäudemanagement erweitert. Auch im Thema Glasfaser habe ich Potenzial gesehen. Wir haben 11 km Glasfaser gelegt und versorgen damit unsere Liegenschaften. Das heißt, unsere Mieter bekommen automatisch etwa 300 Fernsehprogramme, 10 MBit und einen Router – alles ist in der Miete enthalten. Buchen sie für knapp 30 Euro ein Premiumpaket über unseren Partner Fairfast, erhalten sie zusätzlich 1 Gigabit sowie eine Flatrate ins deutsche Telefonnetz. So können wir die Nebenkosten tatsächlich zusätzlich senken.

Vereinigte Gmünder bezahlbarer Wohnraum
Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, hat für die VGW oberste Priorität
Vereinigte Gmünder Wohnen am Sonnenhügel
Wohnen am Sonnenhügel – weil die VGW Mietern Gutes tun will
Vereinigte Gmünder Wohnraum
In Zeiten von Wohnungsnot schafft die VGW attraktiven Wohnraum mit vielen zusätzlichen Dienstleistungen

Wirtschaftsforum: Welche Motivation steckt hinter diesen ungewöhnlichen Dienstleistungen?

Celestino Piazza: In Zeiten, in denen alles teurer wird, wollen wir unseren Mietern etwas Gutes tun. Meine Vision ist, dass alles, was wir für die Menschen, die in einem Objekt wohnen, tun, einen Mehrwert haben muss. Dabei denken wir auch an künftige Herausforderungen, wie sie zum Beispiel die demografische Entwicklung mit sich bringt. Dank unseres Glasfasernetzes können wir auch andere Themen wie zum Beispiel Notrufe für ältere Bewohner bespielen. Eine Verknüpfung mit haushaltsnahen Dienstleistungen ist problemlos möglich. Nicht zuletzt macht uns das Insourcing unabhängiger von der schwankenden Baukonjunktur, weil wir ja auch Bauträger sind.

Wirtschaftsforum: Gibt es Visionen für die Zukunft?

Celestino Piazza: Wir sind ein mittelständisches Unternehmen, das eng mit der Region verbunden ist und diese stärken möchte. Deshalb vergeben wir Arbeiten an regionale Betriebe, haben Start-ups als Mieter in unseren Gewerbeimmobilien. In Schwäbisch Gmünd gibt es seit 2017 mit dem W-Punkt ein Kundenzentrum, das auch samstags geöffnet ist. Ich selbst biete regelmäßig eine Sprechstunde an, nehme mir Zeit für die Belange von Mietern oder Käufern. Es ist wichtig, ein offenes Ohr zu haben und nah an den Menschen zu sein. Man muss zu den Leuten nach Hause gehen, zum Beispiel über einen TV-Kanal, der als digitales Schwarzes Brett fungiert.

Wirtschaftsforum: Als Geschäftsführer suchen Sie bewusst die Nähe zu Mietern, Käufern und Mitarbeitern. Wie sehen Sie ihre Arbeit?

Celestino Piazza: Ich war immer nah am Menschen – als selbstständiger Architekt, Gemeinderatsmitglied, Ortsvorsteher und seit Mitte 2016 Geschäftsführer der VGW; in dieser Funktion leite ich das Unternehmen so, als wäre es mein eigenes. Ich habe gelernt, dass man wissen muss, wovon man redet. Als städtisches Wohnungsbauunternehmen haben wir es zum Beispiel mit einem Aufsichtsrat und mit Gemeinderäten zu tun und müssen unterschiedliche Interessen unter einen Hut bekommen; Fingerspitzengefühl und Empathie sind hier sehr wichtig. Ich möchte jeden Tag gerne zur Arbeit gehen, das soll auch für meine Mitarbeiter gelten. Freude und Spaß sind notwendig, um gute Arbeit leisten zu können. Für mich ist es wichtig, Visionen zu haben, gleichzeitig bodenständig zu bleiben. Nur die, die innovativ und kreativ sind, werden überleben. Gleichzeitig muss die Liquidität sichergestellt sein. Weil wir immer langfristig finanziert und vorausschauend gehandelt haben, sind wir mit schwarzen Zahlen durch schwierige Zeiten gekommen.

Wirtschaftsforum: Sie wollen den Bereich Dienstleistung weiter ausbauen, bauen einen neuen Baubetriebshof, planen in den nächsten zwei Jahren trotz schwieriger Rahmenbedingungen Investitionen von rund 30 Millionen EUR in Immobilienprojekte und zeigen damit großes soziales Verantwortungsbewusstsein. Was wünschen Sie sich auf der anderen Seite von der Politik?

Celestino Piazza: Vor allem Verlässlichkeit und damit bessere Planbarkeit. Entbürokratisierung ist ein weiterer wichtiger Punkt genauso wie gesunder Menschenverstand.

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