Energiesparen ohne erhobenen Zeigefinger
Interview mit Christoph Gasser, Geschäftsführer der Hansa Armaturen GmbH
Seit über einem Jahrhundert steht die Marke Hansa für attraktive Armaturen. Vor acht Jahren wurde sie schließlich Teil der Oras-Gruppe, mit der sie zur „Perfect Flow Company“ verschmelzen soll. Im Interview mit Wirtschaftsforum sprach Geschäftsführer Christoph Gasser über Armaturen, die beim Energiesparen helfen, und er erzählte, warum er kürzlich, etwas augenzwinkernd, einen Azubi ins Bundeswirtschaftsministerium schickte.
Wirtschaftsforum: Herr Gasser, die Armaturen Ihrer Marken Hansa und Oras können mittlerweile deutlich mehr, als nur Wasser bereitzustellen. Auf welche zusätzlichen Features können sich Ihre Kunden verlassen?
Christoph Gasser: Im Health-and-Care-Bereich, wo hohen Hygienestandards aus offensichtlichen Gründen eine besondere Bedeutung zukommt, spielen sensorgesteuerte Armaturen, die eine vollständig berührungslose Bedienung ermöglichen, eine immer größere Rolle, während die herkömmliche Lösung mit besonders langen Hebeln, die das klinische Personal, beispielsweise im OP, aus Hygienegründen mit dem Ellenbogen anstatt mit den Händen bedienen kann, weiterhin etabliert bleibt. In Pflegeeinrichtungen ist derweil der Verbrühschutz eine äußerst wichtige Funktion: So ist bei unseren HANSAMEDIPRO-Armaturen werkseitig eine Heißwassersperre eingebaut, sodass die Endanwender, die im Care-Umfeld ja oftmals kognitive oder körperliche Beeinträchtigungen aufweisen, kein Wasser aus der Armatur entnehmen können, das wärmer als 38 °C ist. Um eine thermische Desinfektion mit 70 °C heißem Wasser durchzuführen, muss das Produkt vorher mit einem speziellen Tool entsperrt werden, damit die Sicherheit der Patienten vollumfänglich gewährleistet bleibt.
Wirtschaftsforum: Welche Innovationen spielen derweil im Privatanwenderbereich gerade eine besondere Rolle?
Christoph Gasser: Schon lange vor der aktuellen Energiekrise haben wir Lösungen erarbeitet, die die Anwender konsequent beim Energiesparen unterstützen können. Eine unserer digitalen Handbrausen, die wir gemeinsam mit der ETH Zürich entwickelt haben, verfügt über ein Display und eine Diode am Duschkopf, wo der Nutzer Feedback über die Menge und die Temperatur des verbrauchten Wassers sowie den Energieverbrauch in Echtzeit erhält. Dieses bewährte Konzept haben wir auch auf neue Dienstleistungsmodelle übertragen, in deren Rahmen die Daten zur Durchflussmenge und Temperatur über einen Gateway in die Cloud geladen und daraufhin dem Kunden über ein Dashboard auf seinem mobilen Endgerät zur Verfügung gestellt werden können. Dabei ist es uns wichtig, unsere Produkte nicht mit einem pädagogischen erhobenen Zeigefinger zu versehen, sondern sie stattdessen im Geiste einer lebensnahen und proaktiven Lösung anzubieten, frei nach dem Motto: Was man nicht misst, kann man nicht verändern. Dass wir mit unseren Produkten vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise einen gewissen Nerv treffen, ist uns natürlich bewusst. Etwas augenzwinkernd haben wir deshalb vor ein paar Wochen einen unserer Auszubildenden mit einem 9-Euro-Ticket und einer digitalen Handbrause nach Berlin geschickt, um dem Bundeswirtschaftsminister lebensnahe Lösungen an die Hand zu geben, die ihn bei der weiteren Reduktion seines Wasserverbrauchs unterstützen können.
Wirtschaftsforum: Gibt es auch Lösungen für Kunden, die das Energiesparen ganz der Armatur überlassen möchten, anstatt ihr Nutzerverhalten auf Basis von Echtzeit-Feedback selbstständig anzupassen?
Christoph Gasser: Neben unseren Produkten, die auf eine bewusste Information und Verhaltensänderung setzen, können wir natürlich auch mit Armaturen dienen, bei denen der Wasserdurchfluss pro Minute werkseitig begrenzt ist, ohne dass dies zu merklichen Komforteinbußen bei den Anwenderinnen führt. Ebenso bieten wir Produkte mit einem sogenannten Kaltwasser-start an: Hier kommt ungeachtet der tatsächlichen Hebelposition zunächst nur kaltes Wasser aus dem Wasserhahn, sofern der Benutzer den Hebel nicht aktiv verschiebt.
Wirtschaftsforum: Ihr Hansa Active Digital Jet wurde mittlerweile mit dem angesehenen Red Dot Award sowie zahlreichen weiteren Auszeichnungen prämiert. Wie stark kommt es bei der Handbrause jenseits der Funktionalität auch auf ein attraktives Design an?
Christoph Gasser: Die meisten Bauherren bringen bei der Badezimmerausstattung gerne ihre eigenen stilistischen Vorlieben ein – insofern spielt eine ansprechende Ästhetik in diesem Marktsegment natürlich eine tragende Rolle. Bei der Vielzahl an unterschiedlichen Einrichtungstrends ist es gleichsam wichtig, hierbei ein breites Spektrum an verschiedenen Varianten anzubieten. Während sehr ausgefallene Designs auf Fachausstellungen oftmals ein sehr positives Feedback erhalten, setzen viele Endkunden am Ende doch lieber auf eine klassischere Formensprache, die über viele Jahre den Geschmack trifft. Unsere Marken Hansa und Oras können beide Ansprüche souverän bedienen. Dabei entspinnt sich zwischen unserem italienischen Head of Design und unserer deutschen Head of Innovation gerade ein sehr spannender Dialog über weitere ästhetische und funktionale Innovationen, über den ich mich sehr freue.