Ein Underdog mit Maßanzug
Interview mit Dustin Klein, Geschäftsführer der Gebauer GmbH
Sie sind das zentrale Nervensystem eines Unternehmens, der Knotenpunkt, an dem sämtliche Geschäftsprozesse zusammenlaufen, und damit extrem wichtig: ERP-Systeme. Die Gebauer GmbH aus Solingen kennt sich mit dem Enterprise Resource Planning aus. Ihre Lösungen sind ganzheitlich konzipiert, flexibel anpassbar, hochfunktional und stehen für ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis. Mit den ERP-Systemen wendet sich Gebauer an den fertigenden Mittelstand – und wurde damit schnell zum Partner auf Augenhöhe.
Wirtschaftsforum: Herr Klein, bei ERP-Systemen denken viele automatisch an Branchenriesen wie SAP oder Oracle. Wie hat Gebauer als mittelständisches Unternehmen es geschafft, sich hier durchzusetzen?
Dustin Klein: Wir werden tatsächlich gerne als Underdog der Branche bezeichnet, den man vom Hörensagen kennt. Die Technologie und ihre stetige Weiterentwicklung zum Vorteil der Kunden war uns immer wichtiger als das Marketing. Das Ergebnis sind Produkte, die schneller und agiler sind und alle Unternehmensbereiche in einem System vereinen, sodass Schnittstellen vermieden werden. Damit haben wir uns insbesondere bei mittelständischen, produzierenden Unternehmen, die wir seit Beginn als Zielgruppe im Blick haben, einen Namen gemacht.
Wirtschaftsforum: Wie sah die Unternehmensentwicklung bis heute genau aus?
Dustin Klein: Die Gebauer GmbH ist ein klassisches, inhabergeführtes Familienunternehmen, 1962 von Siegfried Gebauer gegründet und ursprünglich aus dem Hardwarebereich kommend. Boris Gebauer hat das Unternehmen 1990 übernommen und in das Softwarezeitalter mit dem Fokus auf ERP-Systeme überführt. Neben dieser Zäsur war wichtig, dass Gebauer sich immer auf die Industrie konzentriert hat, auf den fertigenden Mittelstand. 1996 begann man einzelne Branchen zu selektieren, zunächst Gießereien, später auch andere Branchen wie Kunststoffverarbeitung, Maschinenbau und Elektronikfertigung.
Wirtschaftsforum: Gab es in technologischer Hinsicht besondere Entwicklungssprünge?
Dustin Klein: Als wir 2016 auf neueste Technologien von Microsoft, genauer auf das neueste Produkt für Enterprise, gesetzt haben, war das ein wichtiger Technologiesprung. Heute beschäftigen wir 200 Mitarbeiter, arbeiten mit TimeLine ERP E3, haben immer mehr funktionale Tiefe in das Thema gebracht, 1.200 Kunden, über 20.000 Anwender und viele Standorte. .
Wirtschaftsforum: Gebauer ist mit den Kunden und den Technologien gewachsen. Wie sieht die Struktur heute aus?
Dustin Klein: Die Gebauer GmbH mit Hauptsitz in Solingen ist nach wie vor inhabergeführt, was auch so bleiben soll. Wir haben zwar verschiedene Standorte, aber keine klassische Holdingstruktur. An 15 Standorten in Deutschland und weltweit gibt es inhabergeführte Unternehmen, an denen Herr Gebauer beteiligt ist. So garantieren wir die Nähe zum Kunden. Die gesamte Entwicklung eines Systems basiert immer auf der Weiterentwicklung mit den Kunden. Alle Geschäftsführer sind auch operativ tätig, kennen die Kunden, ihre Prozesse und Bedürfnisse aus nächster Nähe. Projektleiter begleiten Kunden oft jahrelang, es gibt feste Ansprechpartner, sodass langfristige partnerschaftliche Beziehungen entstehen.
Wirtschaftsforum: Haben Krisen wie Corona oder der Ukrainekrieg die dynamische Entwicklung beeinflusst?
Dustin Klein: Die Pandemie hat die IT-Branche befeuert; auch wir hatten viele Wechsel auf unser System. Mit dem Krieg kamen Lieferengpässe, die auch unsere Kunden, die in der Regel Tier-2- oder Tier-3-Lieferanten sind, betrafen. Man brauchte Werkzeuge für Kalkulationen, Kostenoptimierungen, die Planbarkeit von Lieferzeiten, kurz: Programme, die alles vereinen. Gleichzeitig haben wir gespürt, dass Kunden kostensensibler und Aspekte wie Risikomanagement und Kostenkontrolle wichtiger wurden. Aktuell sehen wir, dass Entscheidungen länger dauern, dass man eher in eine Maschine als in ein neues ERP-System investiert.
Wirtschaftsforum: Mit welchen Alleinstellungsmerkmalen tritt Gebauer vor diesem Hintergrund am Markt auf?
Dustin Klein: Unsere Stärke liegt in der Schnelligkeit und Flexibilität unseres Produkts. Unser Credo lautet ‘Maßanzug statt Zwangsjacke’. Wir wollen ganzheitliche Lösungen rund um das System, die update- und damit zukunftsfähig sind.
E-Mail-Versand, Kalkulation, Betriebsdatenerfassung – alle Prozesse sind in einem System vereint, alles wird von uns inhouse entwickelt, es gibt keine externen Partner. Wir wollen Kunden nichts aufzwängen – der Kunde entscheidet, wir reagieren. Dieser 100%ige Fokus auf den Kunden und das Produkt, die partnerschaftliche Zusammenarbeit in Kombination mit einem ERP-System mit hoher Funktionalität und Schnelligkeit hebt uns vom Markt ab.
Wirtschaftsforum: Gebauer agiert auf einem schnelllebigen Markt. Mit welchen aktuellen Themen beschäftigen Sie sich?
Dustin Klein: Ein Thema, an dem niemand vorbeikommt, ist KI. Wir haben in der Version 16, die gerade auf den Markt gekommen ist, ein KI-Modul zur Unterstützung der Belegerkennung. Uns ist wichtig, durch den Einsatz von KI Mehrwert für den Kunden zu generieren, sei es die Vereinfachung des Bestellprozesses oder die Einschätzung von E-Mails. Gleichzeitig versuchen wir, Probleme abseits der Hype-Themen zu erkennen, um Kunden Mehrwerte zu bieten.
Wirtschaftsforum: Welche Zukunftspläne gibt es?
Dustin Klein: Polen und Indien sind perspektivisch interessante neue Märkte. Als Familienunternehmen wollen wir weiter wachsen und uns im ERP-Bereich als Technologieführer mit hochfunktionalen Lösungen mit Mehrwert profilieren.