Mehr Mensch, weniger Formular: Digitalisierung neu gedacht

Interview mit Dr. Marc Fuchs, CEO DACH und Tessa Tienhaara, Customer & Growth Marketing Lead der Gofore GmbH

Dr. Marc Fuchs,  CEO DACH
Dr. Marc Fuchs, CEO DACH der Gofore GmbH

Wir alle spüren sie täglich – sei es beim Warten auf eine Behördengenehmigung, beim Onlinebanking oder in der Produktion von morgen. Doch Digitalisierung ist längst nicht mehr nur die Umwandlung analoger Prozesse in digitale Abläufe. Sie bedeutet, neu zu denken: Wie arbeiten wir? Wie lernen Maschinen, uns zu unterstützen? Und wie gestalten wir Technologien so, dass sie den Menschen nicht überrollen, sondern befähigen? Die Gofore GmbH beantwortet diese Fragen.

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Fuchs, Sie sind promovierter Informatiker mit langjähriger Erfahrung in großen Beratungen. Wie kamen Sie zu Gofore?

Dr. Marc Fuchs: Nach vielen Jahren bei globalen IT-Beratungen wie Capgemini oder NTT Data wurde ich vor knapp zwei Jahren von Gofore angesprochen. Das Unternehmen suchte jemanden, der die Expansion im DACH-Raum vorantreibt. Mich reizte die Möglichkeit, mit meiner Erfahrung im Vertrieb und Aufbau von Lieferorganisationen ein Unternehmen aktiv zu gestalten – und die finnische Kultur hat mich ebenfalls sehr gereizt.

Wirtschaftsforum: Frau Tienhaara, Sie verantworten Marketing und Kommunikation für den DACH-Raum. Was macht Gofore für Sie besonders?

Tessa Tienhaara: Ich bin gebürtige Finnin und kenne Gofore daher schon sehr lange. Für mich ist es besonders, dass wir Digitalisierung immer mit dem Fokus auf die Menschen denken. Ich arbeite eng mit der Gruppe in Finnland zusammen und spüre täglich, wie stark Werte wie Transparenz und Mitbestimmung tatsächlich gelebt werden.

Wirtschaftsforum: Gofore ist in Finnland eine feste Größe. Können Sie kurz die Historie skizzieren?

Dr. Marc Fuchs: Gofore wurde vor 25 Jahren gegründet, mit dem Anspruch, ein besserer Arbeitgeber zu sein als andere und gleichzeitig die Digitalisierung in Finnland vo-ranzutreiben. Seit 2020 sind wir an der Börse gelistet. In Deutschland sind wir seit 2017 aktiv und haben hier aktuell rund 150 Mitarbeiter, in Finnland sind es über 1.500.

Gogore GmbH Digitalisierung
Mit skandinavischem Know-how treibt Gofore die Digitalisierung der öffentlichen Hand in Deutschland voran – immer mit dem Menschen im Zentrum

Wirtschaftsforum: In Deutschland gilt Finnland oft als Vorbild für Digitalisierung. Zu Recht?

Dr. Marc Fuchs: Definitiv. Besonders die öffentliche Verwaltung ist dort auf einem anderen Level. Es gibt beispielsweise ein Bürgerportal namens Suomi.fi, über das Bürger und Unternehmen sämtliche Verwaltungsdienstleistungen gebündelt abwickeln können. Steuererklärungen sind dort in wenigen Minuten erledigt, weil alle relevanten Daten vorausgefüllt bereitstehen. Auch Themen wie digitale Gesundheitskarten oder E-Rezepte existieren in Finnland schon seit vielen Jahren. Digitalisierung wird dort grundsätzlich anders gedacht: Statt bestehende Prozesse eins zu eins digital abzubilden, wird überlegt, was der Bürger tatsächlich braucht, welche Daten vorhanden sind und wie man Prozesse komplett neu denken kann. Push Government statt Pull Government ist hier das Stichwort.

Wirtschaftsforum: Frau Tienhaara, wie spiegelt sich dieses digitale Mindset im deutschen Markt wider?

Tessa Tienhaara: Wir merken, dass deutsche Kunden sehr interessiert daran sind, von diesen Ansätzen zu lernen. Gleichzeitig braucht es viel Change Management, um diesen Kulturwandel zu begleiten. Hier können wir als Brückenbauer fungieren.

Wirtschaftsforum: Was macht Ihr Leistungsspektrum konkret aus?

Dr. Marc Fuchs: Wir bieten End-to-End-Lösungen: von Service Design und User Research über maßgeschneiderte Softwareentwicklung – sowohl embedded als auch cloudbasiert – bis hin zu Change Management, Cyber Security und Testing. Besonders hervorzuheben ist unsere Simulatortechnologie. Damit können wir beispielsweise komplette Fahrerhäuser von Trambahnen, Bau- oder Landmaschinen virtuell nachbilden. Diese Simulatoren dienen nicht nur dem Testen von Software, sondern auch für das Training von Nutzern in realitätsnaher Umgebung. Ein Beispiel ist der Tram-Simulator in Tampere, Finnland, der zur Ausbildung von Tramfahrern genutzt wird.

Gofore GmbH Simulatoren
Gofore entwickelt innovative Simulatoren für die Industrie – von virtuellen Fahrerhäusern bis zu Trainingslösungen für komplexe Maschinen

Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz in Ihrem Portfolio?

Dr. Marc Fuchs: Eine sehr große. Neben generativer KI, die aktuell in aller Munde ist, arbeiten wir vor allem mit Computer Vision. Wir entwickeln Software, die Umgebungen kartiert, Objekte erkennt oder beispielsweise Baumbestände analysiert. Auch im Automotive-Bereich setzen wir KI ein, etwa um Anomalien in Infotainmentsystemen zu erkennen. Dabei kombinieren wir unsere Branchenspezialisierung mit Innovationskraft.

Wirtschaftsforum: Warum entscheiden sich Unternehmen für Gofore?

Dr. Marc Fuchs: Wir sind End-to-End-Provider mit hoher Branchenspezialisierung und gleichzeitig innovativ. Gerade im Bereich der Nutzfahrzeuge können wir von Produktdesign und User Interfaces bis zur Entwicklung von Embedded Software alles abdecken. Hinzu kommt unsere Simulatortechnologie, die es so kaum am Markt gibt. Ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Arbeitsweise ist die starke Nutzerzentrierung: Wir beziehen Endkunden und Mitarbeitende gleichermaßen ein und betrachten Digitalisierung stets aus der Perspektive des Menschen – nicht allein aus Sicht der Technologie.

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